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Ohrbotin des Monats OKTOBER

Ohrbotin des Monats

Felizitas Böcher (34) wurde vor kurzem bundesweit bekannt als "erste Pfarrerin Deutsch-lands mit Cochlea Implantaten".

Wir wollten wissen: Wer ist der Mensch hinter dieser Schlagzeile? Ein außergewöhnliches Interview mit einer außergewöhnlichen Frau:

ELKE SCHWANINGER: Liebe Frau Böcher, schildern Sie uns bitte kurz Ihre Hörbiographie?

FELIZITAS BÖCHER: Ich bin leicht- bis mittelgradig schwerhörig geboren. Als Erwachsene bin ich innerhalb von zwei Jahren ertaubt. Zuvor war der Hörstatus konstant.


ELKE SCHWANINGER: Welche Auswirkung hatte Ihre Hörschädigung auf die Schullaufbahn und das anschließende Studium?

FELIZITAS BÖCHER: Ich konnte im Studium zunächst den Dozenten nicht mehr gut verste-hen, dann gar nicht mehr. Schließlich weitete sich das aus, bis ich niemanden mehr verstehen konnte. Das führt natürlich auch dazu, dass Lerngruppen sehr schwierig werden bzw. die Kommunikation nur schriftlich stattfinden kann. Aber ich habe immer jemanden gefunden, der/die dazu bereit war/en. Das war schon sehr erleichternd.


ELKE SCHWANINGER: Seit wann tragen Sie CIs?

FELIZITAS BÖCHER: Seit Mai (links) und August (rechts) 2011.


ELKE SCHWANINGER: Wie kommunizieren Sie im Alltag?

FELIZITAS BÖCHER: Mit Hörenden immer lautsprachlich mit hörenden Gebärdlern ge-mischt und mit reinen Gebärdlern nur in Deutscher Gebärdensprache. Lautsprachbegleitende Gebärden beherrsche ich nicht.


ELKE SCHWANINGER: Wie entstand Ihr Wunsch, Pfarrerin zu werden?

FELIZITAS BÖCHER: Als Kind bemerkte ich ca. mit 6 Jahren, dass ich nicht wissen kann was nach dem Tod mit einem Menschen passiert. Deshalb wollte ich forschen – immer mehr über Religion wissen. Das bedeutete, dass ich viel gelesen habe, aber auch, dass ich immer gern und viel mit anderen Menschen darüber gesprochen habe (auch über Religi-ons"grenzen" hinweg). Über diese Liebe zur Kommunikation und zur Theologie bin ich schließlich zum Pfarramt gekommen. Haupteinstiegspunkt war für mich die Seelsorge. Ich bemerkte, dass mein Reden über Gott mich immer wieder zum (einzelnen) Menschen und seiner Welt führt. Damit konnte ich für Menschen ein Begleiter in – manchmal schwierigen – Lebensphasen sein. Dem wollte ich gern mein Leben widmen. Und das kann ich im Pfarramt ;-)


ELKE SCHWANINGER: Welche Möglichkeiten und Grenzen sehen Sie für sich mit CI in Ihrem Beruf?

FELIZITAS BÖCHER: Grenzenlose momentan. Durch meine 2. Leidenschaft – die Technik – erlebe ich immer wieder neue Möglichkeiten. Allerdings könnte ich mir nicht vorstellen ohne Gebärdensprache zu leben. Nur durch die Möglichkeit, auch ohne Hören eine volle Kommuni-kationsfähigkeit / eine vollständige Sprache zu besitzen, kann ich offen und gelassen auf mei-ne Hörmöglichkeiten zugehen. Mein „Ganzsein" hängt so nicht vom Hören allein ab und das gibt mir viel Freiheit.


ELKE SCHWANINGER: Nutzen Sie zusätzlich zum CI weitere technische Hilfen?

FELIZITAS BÖCHER: Ja, ich nutze in sehr großen Gruppen eine FM-Anlage (mit Konferenz- und Einzelmikro), ich habe Ringschleifenverstärker (Loop-Booster) für Räume mit Induktions-schleife, nutze eine Telefonfreisprechanlage für meine CIs und auch immer wieder gern das Audiokabel. Darüber hinaus nutze ich fließend andere Hilfsmittel wie z. B. Telefone mit einem Hörer der groß genug ist, dass ich meinen Soundprozessor an den Lautsprecher halten, aber dennoch in das Mikro sprechen kann.


ELKE SCHWANINGER: Welche Rolle spielt Musik in Ihrem Leben?

FELIZITAS BÖCHER: Eine ziemlich wichtige. Ich mag Musik sehr gern und sie hört sich für mich auch sehr schön an. Ob sie sich genauso anhört wie für die Normalhörenden, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Aber das finde ich auch nicht so wichtig. Schließlich bin ich ja keine Nor-malhörende *grins*.


ELKE SCHWANINGER: Ihr Name -Felizitas- bedeutet "die Glückliche". Welche Hörerlebnisse machen Sie glücklich?

FELIZITAS BÖCHER: Oh – viele. Das Miauen einer Katze, das Knirschen der Treppenstufen oder von altem Parkettboden, Bubblefolien-Zerdrück-Geräusche, ein schönes Lied, Rau-schen von Blättern, das Geräusch der Rolltreppen im Bahnhof (einfach weil ich es seit kur-zem hören kann) und vieles mehr. Es wird immer wieder neue Dinge geben, die ich finde. Mal schauen was noch kommt.


ELKE SCHWANINGER: Herzlichen Dank, dass Sie Ihre Erfahrung mit uns geteilt haben! Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Enthusiasmus für Ihre Arbeit und beim Entdecken neuer Klangerlebnisse mit CI!

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